Jubiläumsfeier in Chodziez
15 Jahre Städtepartnerschaft Chodziez - Nottuln
Dieser Bericht von Peter Buddendick erschien im Nottulner Martiniboten 2007 des Nottulner Männergesangvereins
Peter Buddendick ist langjähriges Mitglied des Partnerschaftskomitees
Eine Reise zu neuen Freunden
Von Peter Buddendick
Wir schreiben das Jahr 1985. Mauer und Stacheldraht trennen Europa in zwei Teile. In Nottuln formiert sich eine Gruppe junger Menschen, die eine Städtepartnerschaft mit einer Gemeinde in Osteuropa anregt.
Ein kühner Vorschlag zu dieser Zeit. Es gibt schon eine gut funktionierende Partnerschaft mit der französischen Stadt St. Amand-Montrond. Können Schulen, können Vereine aus einem kleinen Dorf mit nicht einmal 20 000 Einwohnern eine zweite Partnerschaft mit Leben erfüllen? Neben der ungewissen Antwort auf diese Frage war auch die politische Situation nicht dazu angetan, Kontakten mit Menschen in Osteuropa eine Chance zu geben. Konservative Kreise in Nottuln hatten Probleme damit - und mit den Initiatoren des Partnerschaftsgedankens, die aus den Reihen der Friedensinitiative (FI) Nottuln kamen. Die wollten in einer Zeit, in der die weltweite Aufrüstung die Schlagzeilen der Nachrichten bestimmte, in der die Spannungen zwischen West und Ost zunahmen, ein deutliches Signal setzen. Feindbilder abbauen und Grundlagen für entspanntere und friedlichere Beziehungen zu legen, das war das Ziel dieses Partnerschaftsgedankens.
Wie problematisch der Vorstoß seinerzeit war zeigt sich unter anderem daran, dass es noch viele Jahre dauern sollte, bis die Partnerschaftsurkunde tatsächlich unterzeichnet werden konnte. Diskussionen im Gemeinderat und in seinen Ausschüssen, oftmals sehr kontroverse Debatten im bestehenden Komitee für Städtepartnerschaft sorgten aber dafür, dass das Thema auf der Tagesordnung blieb. Letztlich waren es dann Nottulner Bürger – als Privatpersonen oder als Mitglieder in Vereinen und Verbänden, die der Umsetzung des Planes die Richtung gaben. Sie sicherten ihre Mitarbeit zu. Und auch in Gemeinderat und Verwaltung bekam die Idee, einen intensiveren Kontakt mit Menschen in einer osteuropäischen Stadt anzustreben, neuen Schwung.
Die ersten konkreten Schritte
Im Jahr 1987 gab es den Ratsbeschluss, die Anregung der FI positiv aufzunehmen, zwei Jahre später wurden im bestehenden Komitee die Weichen zur Bildung einer „Abteilung Osteuropa“ gestellt. 1989 machte sich eine Findungsgruppe auf den Weg in die damalige Tschechoslowakei und nach Polen. Sie brachte umfangreiches Informationsmaterial mit in die Baumbergegemeinde – und den Vorschlag, sich für das polnische Chodziez zu entscheiden. Diese Stadt hatte es den „Scouts“ unter der Leitung des späteren Vorsitzenden des Chodziez-Komitees, Hansjörg Krukenberg und dem damaligen FI-Vorsitzenden Robert Hülsbusch besonders angetan.
1989 war bekanntlich das Jahr der großen Veränderungen. Die Mauer in Berlin fiel, der „eiserne Vorhang“ verlor seinen Schrecken. Die Welt rückte enger zusammen. Entspannung war angesagt. Nicht nur in der damaligen DDR, auch in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks herrschte Aufbruchstimmung. Die Menschen genossen ihre neuen Freiheiten, waren neugierig auf das, was sie im „goldenen Westen“ erwartete. Nur kurz führte das in Nottuln zu erneuten Debatten darüber, ob vor diesem Hintergrund eine Städtepartnerschaft mit einer Kommune in Osteuropa überhaupt noch Sinn macht.
Auch der erste Besuch des Nottulner Komitees in Chodziez zu Allerheiligen 1990 bekam vor dem veränderten politischen Hintergrund eine ganz neue Bedeutung. Dennoch: Für dieses Gremium stand fest „das ist es!“ Chodziez sollte die zweite Partnerstadt Nottulns werden.
Der Rynek, der zentrale Platz an der Kirche St. Florian in Chodziez ist umgeben von idyllischen Gebäuden.
Vereine und Schulen gewinnen
Doch wichtig war es zunächst, die Schulen und möglichst viele Vereine ins Boot zu holen. Diese sollten die gegenseitigen Besuche tragen. Sie sollten die Partnerschaft mit Leben erfüllen. Vor allem auf das Mitwirken der Jugend setzten die Organisatoren der Städtepartnerschaft.
Schulen und Vereine wollten mitmachen. Das zeigte sich sehr deutlich am 3. Juni 1991, als viele Vereinsvertreter sich mit genau diesem Thema befassten. Das einhellige Urteil am Ende einer lebhaften Diskussionsrunde: Wir wollen die Partnerschaft mit Chodziez. Ob zu diesem Ergebnis die siebenköpfige Delegation aus Polen, die sich zu der Zeit in Nottuln aufhielt beigetragen hat, ist nicht überliefert. Die Gäste machten aber deutlich, dass auch die Menschen in Chodziez an den Veränderungen, die die Welt in Atem hielt, teilhaben wollten. Und sie konnten die eindeutige positive Willensbildung aus Nottuln mit in ihre Heimatstadt nehmen. Und so überraschte niemanden die Nachricht, die am Abend des 10. Juli 1991 in Nottuln eintraf. An diesem Tag nämlich hatte der Stadtrat in Chodziez den Beschluss zur Gründung einer Städtepartnerschaft mit Nottuln gefasst.
Das Wahrzeichen von Chodziez: Der Kirchturm von St. Florian.
Unterschlagen werden soll an dieser Stelle nicht das große Engagement, das der damalige Pfarrer der Stadtkirche St. Florian in Chodziez, Jan Stanislawski, zeigte. Der heute als Prälat am Dom zu Posen tätige Priester, der der deutschen Sprache mächtig ist und schon damals Verbindungen nach Deutschland hatte, war einer der Motoren der Städtepartnerschaft, war immer wieder und gerne Ansprechpartner, half in der Startphase denen in seiner Heimatstadt, die für die Partnerschaft arbeiteten. Er begleitete die Partnerschaftsentwicklung, war häufig in Nottuln zu Gast, empfing in seinem Pfarrhaus in Chodziez viele Besucher aus der Baumbergegemeinde, beobachtet das Geschehen auch heute noch sehr interessiert und ist – wie im Frühjahr bei den Jubiläumsfeiern – gerne dabei, wenn Menschen aus Chodziez und Nottuln sich treffen.
Doch zurück in das Jahr 1991: Auch die Politiker in Nottuln hatten die Weichen gestellt. Sie legten – wie schon bei der Verbindung mit St. Amand-Montrond – die Umsetzung in die Hände des Partnerschaftskomitees. Nicht die Politik, nicht die Verwaltung sollten Regie führen. Sie sahen ihre Aufgabe darin, die Arbeit des Komitees wohlwollend zu begleiten. Eine Haltung übrigens, die alle Fraktionen des Gemeinderates und die Verwaltung in all den Jahren bis heute beibehalten und sehr ernst genommen haben. Das Partnerschaftskomitee blieb als ein Gremium bestehen, nahm aber weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger auf und bildete nun auch offiziell zwei Fachbereiche, von denen je einer sich mit der Partnerschaft mit St. Amand-Montrond beziehungsweise Chodziez schwerpunktmäßig beschäftigt. Eine Arbeitsteilung, die sich bis zum heutigen Tag als sehr effektiv erweist.
Das Standesamt von Chodziez.
Für die Zukunft Europas
Dass es die Bürgermeister der beiden Kommunen waren, die die Partnerschaftsurkunde unterschrieben, versteht sich. Bernd Mensing, damals erster Bürger der Baumbergegemeinde und sein polnischer Amtskollege Andrzej Jaroszynski unterzeichneten am 31. März 1992 ebenso wie Joseph Möhlen (damals Gemeindedirektor) und Wojciech Stefaniak (Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung Chodziez) im Trausaal des Rathauses der polnischen Partnerstadt die Urkunde. Darin versichert man sich alles zu tun, um einen konstruktiven Beitrag im Prozess der Normalisierung der Beziehungen zwischen Polen und Deutschland zu leisten. Das Bestreben daran mitzuwirken, die Beziehungen zwischen den Menschen in den beiden Ländern zu verbessern, wird als weiteres Ziel genannt. Und schließlich wird in der Partnerschaftsurkunde die Überzeugung ausgedrückt, dass die Partnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez zu einer gegenseitigen Verständigung ihrer Bewohner führt und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermittelt. Fast schon hellseherisch die Aussage, dass die gemeinsamen Anstrengungen auch der Zukunft Europas dienen sollten. Wer konnte damals ahnen, dass Polen wenige Jahre später Mitglied der Europäischen Gemeinschaft werden würde?
Übrigens: Der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde in Chodziez wohnten nicht nur die Mitglieder der offiziellen Nottulner Delegation bei. Es war schon der Startschuss zum ersten Austausch gefallen. Schülerinnen und Schüler der Liebfrauen-Realschule lernten erstmals die Gastfreundschaft polnischer Familien kennen.
Pfarrer Stanislawski war auf polnischer Seite der Initiator der Begründung der Städtepartnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez.
Begeisterung herrschte auch bei den Mitgliedern der offiziellen Delegation. Sie waren gemeinsam im Jagdhaus in Lipiny unweit von Margonin untergebracht, wurden hier von Felicja und Genek Ciesielski hervorragend betreut. Deutlich wurde bei diesem ersten offiziellen Aufeinandertreffen, dass Teil dieses neuen Miteinanders auch die Beschäftigung mit der gemeinsamen Geschichte sein sollte. Noch bevor die Partnerschaftsurkunde unterzeichnet wurde, legten die Offiziellen aus Nottuln an einem Mahnmal in Morzewo, unweit von Chodziez, einen Kranz nieder. Gedacht wurde damit der Ermordung von 44 polnischen Widerstandskämpfern durch die Nazis am 7. November 1939. Sich der Zukunft stellen, ohne die Vergangenheit aus den Augen zu verlieren, ist eine der Grundlagen beider Städtepartnerschaften. Dass die Nottulner Delegation damit ein wichtiges und richtiges Zeichen gesetzt hatte wurde dadurch deutlich, dass eine Gruppe polnischer Kriegsveteranen an der Feierstunde teilnahm.
Nur wenige Wochen später – im Juni 1992 – gab es das erste ganz große Treffen in Nottuln. Teilnehmer waren nicht nur Sportler aus Chodziez, sondern auch eine Mannschaft aus St. Amand-Montrond, die mit einem Nottulner Team im Spiel ohne Grenzen ihre Kräfte maßen. Mehr noch als der spielerisch-sportliche Wettkampf bleiben die vielen persönlichen Begegnungen in Erinnerung.
Das Rathaus in Chodziez.
Die erste Arbeitssitzung
Es folgten im Jahr 1992 noch zwei weitere wichtige Veranstaltungen. So reiste das Nottulner Komitee erstmals nach der Gründung der Städtepartnerschaft nach Chodziez, um dort bei einer Arbeitssitzung das Austauschprogramm für das Jahr 1993 festzulegen. Zu dieser Zeit liefen die Fäden – soweit es die Partnerschaftsarbeit auf polnischer Seite betraf - noch im Rathaus von Chodziez zusammen, denn die Bildung eines Komitees nach Nottulner Muster befand sich noch im Aufbau. Dass zur ersten gemeinsamen Komiteesitzung bereits fast alle Vereine und Organisationen der neuen Partnerstadt einen Vertreter geschickt hatten, zeigte das große Interesse an gegenseitigen Kontakten. Beschlossen wurde hier auch, dass sich die Komitees jährlich im Wechsel – einmal in Nottuln, einmal in Chodziez – treffen, um die Arbeit der folgenden 12 Monate zu koordinieren.
Im Mai 2001 besuchte eine Delegation aus Chodziez Nottuln, um wirtschaftliche Themen zu erötern. Hier bei einem Besuch in Münster.
Und dann gab es den Besuch der offiziellen Delegation aus Chodziez im September 1992. Denn auch in Nottuln sollte die Partnerschaftsurkunde noch einmal im Rahmen einer großen Feier, zu der alle Bewohner der Baumbergegemeinde eingeladen waren, unterzeichnet werden. Dass damals auch der Bürgermeister aus St. Amand, Serge Vincon, zu dieser Feierstunde anreiste, unterstrich den Europagedanken, der bei der Begründung von Städtepartnerschaften eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Von einer „Straße der Freundschaft“ sprach Vincon mit Blick auf die Verbindung zwischen St. Amand, Nottuln und Chodziez. Deutlich wurde nicht erst an diesem Abend, dass in Erinnerung an die leidvolle Geschichte in den vorangegangenen Jahrzehnten die Arbeit an einer besseren, friedvolleren Zukunft im Mittelpunkt des Handelns stehen sollte.
Alle wollten mitmachen
Dass gerade die ersten Jahre der Städtepartnerschaft von sehr vielen Aktivitäten bestimmt waren, versteht sich. Alles war neu, es gab die ersten Kontakte, die ersten Versuche etwas miteinander zu unternehmen, es gab sie Suche nach Gleichgesinnten in der jeweils anderen Gemeinde. Mitglieder des Partnerschaftskomitees waren Gäste bei Mitgliederversammlungen vieler Vereine und Organisationen. Sie warben für die Städtepartnerschaft, luden zum Mitmachen ein – und hatten Erfolg.
Die DLRG fand sehr schnell Gleichgesinnte bei der WOPR in Chodziez. Tennisspieler aus Nottuln trafen und treffen sich immer noch mit Anhängern des weißen Sports aus der polnischen Stadt. Der Männergesangverein (MGV) Nottuln reiste in großer Besetzung und war überwältigt von der Gastfreundschaft. Und auch Mitglieder des Kirchenchores St. Martinus schlossen sich einer Reise an. Beide Chöre bewiesen aber auch schon mehrfach, dass sie gute Gastgeber sein können. Das Martinistift realisierte in Chodziez ein soziales Projekt, Kolpingjugend und Messdiener der St. Martinus-Gemeinde machten sich auf den Weg. Der Heimat- und Verkehrsverein war Gastgeber für eine Gruppe von Heimatfreunden aus Chodziez und verschiedene Gruppen der beiden Kirchengemeinden trafen sich. Junge Sportler des SV DJK Grün-Weiß Nottuln wagten die rund 800 Kilometer lange Reise, luden im Gegenzug aber auch alljährlich altersgleiche Polen zum Pfingstturnier nach Nottuln ein. Zwischen Landwirten kam es zu ersten Fachsimpeleien, Kulturschaffende stellten in der Partnerstadt ihre Arbeiten vor. Auch die politischen Parteien wollten ihre polnische Partnerstadt kennenlernen.
Die Porzellanfabrik aus Chodziez präsentierte schon im Gründungsjahr einen Teil ihrer Produkte im Ausstellungszelt der Nottulner Gewerbetreibenden während des Martinimarktes. Die Nottulner Kolpingfamilie erweiterte ihr soziales Engagement durch Spenden an sozial schwache Familien in Chodziez, unterstütze u.a. eine sogenannte „Suppenküche“, sammelte Gelder zur Anschaffung medizinischer Geräte und Hilfsmittel. Viele andere Gruppen steuerten Mittel bei, damit eine Behindertenwerkstatt die längst notwendigen Neubaumaßnahmen durchführen konnte.
Die Herstellung von Porzellan ist schon Tradition in Chodziez und weit über die Landesgrenzen bekannt.
Immer wieder bestimmte der Schüleraustausch das Geschehen. Realschule, Hauptschule und Gymnasium fanden Partnerschulen in Chodziez. Fast jährlich kommt es zu Begegnungen zwischen den Jugendlichen aus den beiden Ländern. Junge Menschen aus Chodziez absolvierten Berufspraktika bei Firmen und Behörden in der Baumbergegemeinde. Berufsschüler aus Chodziez besuchten das Klinkerwerk Hagemeister.
Und in Chodziez? – Auch da lief das Projekt Städtepartnerschaft auf Hochtouren. Jan Margowski als Vorsitzender, aber auch Dorota Idzak und Andrzey Skibinski, beide Lehrer und beide der deutschen Sprache mächtig, waren es vor allem, die dem Austausch den nötigen Schwung verliehen. „Skiba“, wie Andrzey Skibinski schon bald liebevoll von seinen Nottulner Freunden genannt wurde, schien mehr Zeit in der Baumbergegemeinde zu verbringen als in seiner Heimatstadt. Und er war – wie alle Besucher aus Chodziez – immer ein gern gesehener Gast.
Dazu mag beigetragen haben, dass von Beginn an alle Begegnungen auch zu Treffen in und mit den Familien wurden. Die Unterbringung der Gäste in Privatquartieren erleichtert das gegenseitige Kennenlernen, baut Hemmschwellen ab, lässt das Miteinander intensiver werden. So manch ein Gastgeber in Nottuln musste sehr schnell erkennen, dass Gastfreundschaft in Polen einen sehr hohen, einen nicht selten deutlich größeren Stellenwert einnimmt als dies bei uns der Fall ist. Und sehr schnell wurde auch deutlich, das das vermeintliche Haupthindernis bei allen geplanten Begegnungen (die fehlenden Sprachkenntnisse) nicht wirklich zu einem Hemmnis wurde. Dies besonders deshalb, weil es in Chodziez viele Menschen gibt, die die deutsche Sprache beherrschen. Sie wird dort in den Schulen gelehrt. Manch ein älterer Pole, der sich aufgrund der politischen Situation in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg nicht traute, seine Deutschkenntnisse zu offenbaren, erinnerte sich jetzt wieder seiner Sprachkenntnisse. Sprachlosigkeit war also nicht das Problem.
Ergebnislose Partnersuche
Es zeigte sich in den vergangenen 15 Jahren aber auch, dass nicht für alle Gruppen der Wunsch nach einem regelmäßigen Austausch problemlos zu erfüllen war. So mussten der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde, die Brieftaubenzüchter und weitere Vereine feststellen, dass es in Chodziez Partner mit gleichen Interessen nicht gibt. Nicht immer war es möglich, Ausweichangebote zu unterbreiten. Und es gab – hier wie dort – Verantwortliche in Vereinen und Organisationen, die mit einiger Distanz dem „neuen Treiben“ zusahen. Sie wollte nicht (oder noch nicht) auf den Zug aufspringen. Hier war behutsames Vorgehen, aber auch Beharrlichkeit von den Mitgliedern der Komitees gefordert, um dann doch noch „Bewegung mit positiven Tendenzen“ zu erzeugen. Das gelang nicht immer – aber immer wieder.
Manches brauchte aber auch ohne erkennbaren Grund seine Zeit. So scheinen die jahrelangen Versuche, engere Kontakte zwischen den Feuerwehren beider Kommunen herzustellen, erst in diesem Jahr Erfolg gebracht zu haben. Die Begegnung zwischen Wehrmännern der Löschzüge aus Darup und Appelhülsen mit Feuerwehrkameraden aus Chodziez im Rahmen der 15-Jahrfeier vom 7. bis zum 10. Juni 2007 stimmen, anders als noch bei einem ersten Versuch vor zehn Jahren, optimistisch. Das, was da im Juni neu begonnen wurde, scheint tragfähig zu sein. Und auch die vielen vergeblichen Versuche der Kontaktanbahnung zwischen Jägern aus Polen und Mitgliedern des Hegerings Havixbeck-Nottuln in der Vergangenheit scheinen – jetzt mit gutem Ausgang – beendet zu sein. Diese Entwicklung sollte all denen in Nottuln, die in der Vergangenheit den einen oder anderen vergeblichen Vorstoß unternommen haben, sich in das Austauschprogramm einzuklinken, Mut machen. Wer die Begegnung mit Menschen aus Polen wirklich möchte, sollte sich von dem einen oder anderen „Fehlversuch“ nicht entmutigen lassen. In Chodziez ist noch immer vieles im Umbruch, entwickelt sich weiter oder ganz neu.
Das erste Jubiläumsfest
Innehalten und ein Fest feiern stand Mitte Mai 1997 an. Da wurde in Chodziez das fünfjährige Bestehen der Partnerschaft begangen. Rund 140 Nottulner waren dabei. „Bitte fühlen Sie sich hier wie zu Hause“ forderte der damalige Bürgermeister Woyciech Novaczyk die Gäste auf. Für viele war es kein Problem, dieser Aufforderung zu folgen. Aus ersten Kontakten waren Freundschaften entstanden, die erste Ehe zwischen einer jungen Frau aus Chodziez und einem jungen Mann aus Nottuln war geschlossen worden. Von einer lebendigen Partnerschaft war die Rede und davon, dass sich viele Hoffnungen, die mit dieser Städtepartnerschaft verbunden waren, bereits nach so kurzer Zeit erfüllten. Die Anfangsnervösität war längst einer erwartungsfrohen Normalität gewichen.
Jubiläumsfeiern: Große Parade von der Kirche zum See.
„Das gute Gefühl, in der Fremde zuhause zu sein“ (so titelte damals eine Lokalzeitung) beherrschte auch die, die zum Fünfjährigen erstmals die polnische Stadt besuchten. Jenseits aller euphorischen Festtagsreden wurde deutlich, dass die Partnerschaft alltagstauglich war. Immer mehr Nottulner verbrachten in dieser Zeit Teile ihres Urlaubs in Chodziez mit seiner landschaftlich schönen Umgebung. Immer mehr Menschen aus beiden Gemeinden veränderten ihr Verhalten gegenüber dem Anderen, legten ihre Vorurteile ab. Der familiäre Charakter stand bei allen Begegnungen im Vordergrund. Eine schöne Bilanz nach nur fünf Jahren Städtepartnerschaft. Die Jubiläumsfeiern waren zugleich die Initiative zu einer Erweiterung der Austauschangebote. So besuchte 1998 eine Gruppe von Hauptschülern erstmals Chodziez, verbrachten Nottulner Pfadfinder dort eine Lagerfreizeit.
Ein Jahr später waren polnische Musiker in Nottuln zu Gast, kamen die beiden Partnerschaftskomitees zu ihrem Jahrestreffen in der polnischen Hauptstadt Warschau zusammen. Und noch im selben Jahr erinnerten die Mitglieder der beiden Komitees an den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen bei einem Treffen in der deutschen Hauptstadt Berlin. Unvergessen auch der Besuch einer freien Jugendgruppe aus Nottuln, die unter der Leitung von Johannes Gorschlüter im Oktober 1999 einige unvergessliche Tage in Chodziez verbrachte.
Beim 10-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft in Nottuln wurden verdiente Mitglieder der beiden Komitees ausgezeichnet: V.l.: Jan Margowski, Hansjörg Krukenberg, Pfarrer Stanislawki, Robert Hülsbusch, Andrzej Skibinski
Die immer wieder neuen Begegnungen belebten den Reigen der regelmäßigen Austauschprogramme. Stefan Volpert beim Jazz-Workshop in Chodziez, Kirchengemeinden aus Nottuln und Chodziez setzen ihren Dialog fort, polnische Gäste werden von der Nottulner Kaufmannschaft anlässlich der Industrietage empfangen und viele weitere Schlagzeilen weisen auf die lebhafte Verbindung hin.
Wie groß das Interesse tatsächlich war und ist, zeigte sich dann im Jahr 2002, als in Nottuln das zehnjährige Bestehen der Partnerschaft gefeiert wurde. Rund 300 Gäste reisten dazu aus Chodziez an. Ihnen und den Nottulner Gastgebern wünschte damals der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) in einem Grußwort ein schönes Jubiläumsfest. Und er freute sich mit allen anderen darüber, dass es diese Städtepartnerschaft gibt. Clement wies darauf hin, dass die persönlichen Begegnungen junger Menschen aus Polen und Deutschland in besonderem Maße dazu beitragen, historisch begründete Vorbehalte und Vorurteile zu überwinden. „Wenn Jugendliche beider Länder sich in die Augen schauen, miteinander reden, gemeinsam feiern, reisen oder arbeiten, dann entdecken sie sehr rasch, wie groß das Gemeinsame, das Verbindende ist.“
Das war genau das, was viele Menschen in Nottuln und Chodziez im Mai 2002 empfanden. Unvergessen bleibt das große Fest auf dem Stiftsplatz, bei dem viele Nottulner Vereine tatkräftig zum Gelingen beitrugen. Bei bestem Wetter wurde hier bis spät in die Nacht geredet, gegessen und getanzt. Und es wurde deutlich: Diese Städtepartnerschaft ist eine Partnerschaft der Bürger.
Feierlichkeiten zur 15-jährigen Städtepartnerschaft: Altbürgermeister Bernd Mensing, Bürgermeister Peter Amadeus Schneider, Altbürgermeister Heinz Fliß, Bürgermeister Jacek Gursz.
Ein weiteres Fest
Das setzte sich auch in den folgenden fünf Jahren fort. Von Müdigkeit war keine Spur. Es stimmt allerdings, dass die wirtschaftliche Situation ihren Tribut forderte. Manchmal wurden traditionelle Begegnungsintervalle verlängert, manch eine Reisegruppe zählte weniger Köpfe als in den Jahren zuvor. Doch es war nur eine kurze „Delle“. Seit zwei Jahren nimmt der Austauschbetrieb wieder neuen Schwung auf. Der erlebte seinen vorläufigen Höhepunkt im Juni dieses Jahres, als wieder einmal ein Jubiläumsfest auf dem Terminkalender stand. 15 Jahre Städtepartnerschaft Nottuln-Chodziez wurde in der polnischen Stadt gefeiert. Dass die rund 250 Nottulner eine Anreise mit Verzögerung erlebten, war in der Tagespresse zu lesen. Doch der guten Stimmung tat dies keinen Abbruch. Das Wetter war dann auch noch mit der Festgesellschaft im Bunde, sodass unterhaltsamen Tagen nichts im Wege stand. Und auch hier wurde deutlich, wie sehr diese Städtepartnerschaft ein Miteinander der Menschen aus den beiden Kommunen ist. Weniger die großen Auftritte bei den offiziellen Veranstaltungsteilen, sondern die kleinen Begegnungen am Rande, die Wiedersehensfreude, das Kennenlernen neuer Menschen bleiben in Erinnerung. Und natürlich die Vorfreude auf die nächste Begegnung.
Nottulns Blasmusikvereinigung trug wesentlich zum guten Gelingen des Jubiläums bei.
Alle die Interesse haben daran teilzuhaben, können sich informieren bei den Mitgliedern des Partnerschaftskomitees, Fachbereich Chodziez. Informationen gibt es auf der Internetseite der Gemeinde Nottuln (www.nottuln.de), sowie auf der Internetseite des Fachbereichs Chodziez im Komitee für Städtepartnerschaft (www.chodziez.de).
Gute Stimmung bei der Stadtführung während der Jubiläumsfeiern 2007.