Jubiläumsfeier in Chodziez
15 Jahre Städtepartnerschaft Chodziez - Nottuln
Bei den Feierlichkeiten zum 15-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft hat der 1. Vorsitzende des Nottulner Städtepartnerschaftskomitees, Robert Hülsbusch, die folgenden beiden Reden gehalten.
Robert Hülsbusch
Rede bei der festlichen Ratssitzung:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gursz,
lieber Jan Margowski
liebe Freunde aus Chodziez und Nottuln,
sehr verehrte Damen und Herren!
Erlauben Sie mir, dass ich gleich zum „Kern“ unserer Partnerschaft komme:
Die Zeiten sind wieder schwieriger geworden. Spannungen beim EU-Russland-Gipfel, Meinungsverschiedenheiten in der EU, neue Raketen, die in Stellung gebracht werden sollen, Missstimmungen auch in der deutsch-polnischen Politik. Zeitungen und Politiker sprechen schon von einem neuen Kalten Krieg. Auch wenn das übertrieben ist – hier wird doch die Notwendigkeit und Bedeutung der Partnerschaft zwischen unseren Städten deutlich. Als 1985 – der kalte Krieg war noch nicht zu Ende - Bürgerinnen und Bürger aus Nottuln im Gemeinderat die Idee einer neuen Partnerschaft mit einer Stadt in Polen vortrugen, hatten sie eine Vision:
„Wenn sich die Menschen kennen lernen, diese miteinander reden und kontinuierliche Kontakte haben, ist die Chance zumindest größer, dass es nicht zur Eskalation oder gar zur militärischen Austragung von Konflikten und Spannungen kommt.“
Und 1989 - also im Jahr der Wende - stand in einem Brief an unseren Gemeinderat zu lesen: „Wir haben die große Hoffnung, dass wir gute freundschaftliche Beziehungen auch zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn mal in 20/30 Jahren haben.“
Lange Jahre erlebten wir eine positive Entwicklung im Sinne dieser Visionen: Die Partnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez entwickelte sich rasant – fast euphorisch. Kontakte zwischen Schulen, zwischen vielen Vereinen, viele gegenseitige Besuche, große und kleine Feste, Freundschaften auf vielen Ebenen.
Parallel dazu die Entwicklung der großen Politik mit dem Glanzpunkt: Polen tritt der EU bei. Die Nachbarschaft zwischen Polen und Deutschland wurde immer besser. Normalität stellte sich ein!
Dies hatte auch Auswirkungen auf unsere Partnerschaft. Manchmal wurde schon darüber nachgedacht, ob eine solche Partnerschaft noch die politische Funktion hat, mit der sie begonnen wurde. Manchmal ließ bei dem einen oder anderen ein bisschen die Motivation nach, noch mit aller Kraft für diese Partnerschaft zu arbeiten.
Heute wissen wir: Wir dürfen in unserem Engagement nicht nachlassen. Und wir werden das nicht. Weder Sie hier in Chodziez noch wir in Nottuln.
Noch vor wenigen Tagen rief mich einer der Nottulner, die heute hier sind, an: Seine Worte: „Ich fahre auf jeden Fall mit nach Chodziez. Gerade in der heutigen Zeit müssen wir die Politik von unten mit bestimmen. Wir Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht zulassen, dass die große Politik das Rad der Geschichte wieder zurück dreht.“
Wie wichtig uns in Nottuln die Partnerschaft ist, sieht man an diesem Jubiläumswochenende:
Über 250 Nottulner sind angereist – über 1 Prozent der Bürgerschaft unserer Stadt. Wir haben gleich drei Bürgermeister mitgebracht, einen Vizebürgermeister und vier Komiteevorsitzende. Viele Vereine sind dabei – und auch die Schulen.
Sie sehen, Nottuln ist an diesem Wochenende fast wie ausgestorben. Das Nottulner Leben findet heute in Chodziez statt.
Und wenn auch nicht viele Menschen bei uns Polnisch lernen: Wir haben zum ersten Mal einen eigenen Dolmetscher mitgebracht, Peter Steil. Darauf sind wir besonders stolz .
Und genauso stolz sind wir auf unsere Partnerschaft!
Ich möchte enden mit dem Refrain aus einem Lied, das noch seine Melodie und seine Übertragung ins Polnische sucht:
So bauen wir Europa - wir schaffen viel.
Frieden und Freiheit sind das Ziel.
So bauen wir Europa -
unsere Mission
Frieden und Freiheit - unsere Vision
Wir lieben Chodziez, die Perle in Polen.
Wir lieben Chodziez – unsere Partnerstadt!
(Ein Vorschlag von mir – vielleicht für später:
Wir bauen Europa – wir schaffen viel.
Frieden und Freiheit sind unser Ziel.
Wir bauen Europa – unsre Mission.
Frieden und Freiheit – unsre Vision.
Wir lieben Chodziez – unsern Partner in Polen.
Wir lieben dich, Chodziez – sei Gott befohlen!)
Für das Komitee aus Nottuln bedanke ich mich für diese große Feier,
Herzlichen Dank an Herrn Bürgermeister Gursz,
Herzlichen Dank an das Komitee aus Chodziez,
Herzlichen Dank an den Vorsitzenden Jan Margowski!
Robert Hülsbusch
Rede bei der Komiteesitzung:
Lieber Jan, sehr geehrter Herr Bürgermeister Gursz, liebe Komiteemitglieder!
Es ist unglaublich, dass unsere Beziehung, unsere gemeinsame Arbeit nun schon über 15 Jahre geht. Ich erinnere mich noch, als sei es gestern gewesen, wie wir – als Nottulner Komitee – das erste Mal nach Chodziez kamen, damals auf „Brautschau“.
- Ich erinnere mich noch genau, wie ergriffen – ja fast andächtig - wir waren, als wir mit dem Auto die Stadtgrenze von Chodziez erreichten und auf den großen See sahen. Das Herz schlug uns höher.
- Ich erinnere mich noch genau, wie wir begeistert empfangen wurden und einen traumhaften Abend in Lipiny verbrachten.
- Ich erinnere mich noch genau, wie wir gebannt per Video einen Film über Chodziez sahen – eine virtuelle Reise durch unser neues zweites Zuhause.
- Ich erinnere mich noch genau, wie wir herzlich über die Witze von Pfarrer Stanislawski lachten.
- Ich erinnere mich noch genau, wie überrascht wir waren, dass es in Chodziez schon ein Komitee für Städtepartnerschaft gab. Ich erinnere mich noch genau -auch daran, wie wichtig es für uns war, dass die Spitze der Stadt, allen voran Bürgermeister Jaroszynski, natürlich vor einer Zusage zur Städtepartnerschaft erst einmal Nottuln kennen lernen wollte.
Schon am ersten Abend dieses Besuchs war uns – als Komitee und „Suchkommando“ – klar: Mit dieser Stadt wollen wir. Nach 15 Jahren wissen wir: Es war eine der besten Entscheidungen, die Nottuln in den vergangenen Jahren getroffen hat. Seitdem hat es viele Treffen der beiden Komitees gegeben – viele Arbeitstreffen, viele Feiern, viele private Treffen. Highlights waren:
- Der erste Gegenbesuch, bei dem wir natürlich aufgeregt waren, ob den Gästen aus Chodziez auch Nottuln gefällt, bei dem wir uns Mühe gaben, ein Stück der Gastfreundschaft zurückzugeben – den Versuch, dies 100% zu schaffen, haben wir erst gar nicht unternommen.
- Das große Spiel ohne Grenzen in Nottuln 1996 ist in guter Erinnerung – kein Wettkampf gegeneinander, sondern gemischt deutsch-polnisch-französische Gruppen engagierten sich für Punkte und Pokale.
- Die Reise in die polnische Hauptstadt Warschau.
- Die Feiern zum fünfjährigen Bestehen der Partnerschaft in Chodziez. Zwei Dinge sind mir noch sehr gut in Erinnerung: Weit über 100 Nottulner waren damals in Chodziez. Und dann zum Schluss das geheime Treffen der beiden Komitees im Hinterzimmer des großen Festsaals – unvergleichlich, fast nebenbei organisiert von Jan Margowski: gemeinsames Singen, ein großer Kreis, eine tiefe Verbundenheit.
- 1999 trafen sich die beiden Komitees in Berlin. 60 Jahre war es her, dass unsere Väter und Großväter am 1.9.1939 Polen, also Eure Eltern und Großeltern, überfielen. Oft schon hatten wir über die gemeinsame Geschichte unserer beiden Völker gesprochen. Dieses Thema wurde von Anfang nicht ausgeklammert. Aber auf diesem Treffen wurde die ganz persönliche Geschichte lebendig – sehr intensiv, auch sehr schmerzhaft noch, und natürlich flossen auch Tränen.
- 2001 war das Komiteetreffen wieder in Chodziez – diesmal während Fronleichnam. Eine beeindruckende Prozession durften wir erleben und somit ein wichtiges Stück lebendiger Glaubenskultur ...
- Und 2002, also vor 5 Jahren – ebenfalls ein Erlebnis besonderer Art – diesmal in Nottuln – für uns Komiteemitglieder ein großes Ereignis: Das zehnjährige Jubiläum.
- 2005 wieder ein Treffen in Chodziez – wieder Planung der nächsten Kontakte. Und wir legten einen Kranz am Denkmal für die Verstorbenen des Zweiten Weltkrieges nieder – 60 Jahre nach Kriegsende.
- 2006 das „Weimarer Dreieck“ – Treffen der Komitees aus Chodziez, St. Amand und Nottuln in Berlin. Zum ersten Mal eine gemeinsame Sitzung aller drei Komitees mit vielen Planungen für die Zukunft.
- Weitere Treffen sind geplant – so der Besuch der EU 2008
Wir haben wirklich Grund zum Feiern, ist unsere Arbeit doch überaus erfolgreich gewesen. Unsere Aufgabe als Komitee ist es, Kontakte zu initiieren und zu begleiten und uns dann möglichst überflüssig zu machen.
Und es gab ein Vielzahl an Kontakten zwischen den Menschen in Nottuln und Chodziez, es gibt sie heute und es wird sie weiter geben: Allein Hunderte von Jugendlichen aus Chodziez konnten wir nach Nottuln einladen. Ebenso durften wir Hunderte von Jugendlichen aus Nottuln nach Chodziez schicken.
Damit ist schon die wichtigste Partnerschaftsverbindung – der Schulaustausch - genannt. Weitere Kontakte fanden auf vielen Ebenen statt:
- Natürlich auf der offiziellen Ebene – mit den Stadt- und Gemeindespitzen
- Auf der Ebene der Politik, der Wirtschaft, der Kultur und des Sports. Alle Verbindungen hier zu nennen, würde den Rahmen sprengen. Wir haben sie dokumentiert.
- Viele Kontakte werden durch Vereine getragen und dort finden die Vereinsmitglieder aus Nottuln und Chodziez zusammen.
- Und dann einige gemeinsame Projekte: von der Volksküche der Kolpingfamilie, über die Unterstützung eines Kinderheimes, über das Mitorganisieren des Jazz-Workshops durch Stefan Volpert bis zum Verkaufsstand der Porzellanfabrik auf dem Martinimarkt.
- Aber es gibt auch vielfältige rein private Kontakte: Menschen aus Nottuln machen Urlaub in Chodziez und umgekehrt, Familien laden sich gegenseitig ein, Feste werden gemeinsam gefeiert.
- Und ganz besonders freute sich das Nottulner Komitee, als wir zum ersten Mal die wunderschöne Aufgabe hatten zu gratulieren, und zwar einem deutsch-polnischen Hochzeitspaar. Er kam aus Nottuln, sie aus Chodziez. Die Städtepartnerschaft führte sie zusammen. Mittlerweile gibt es zwei süße Kinder deutsch-polnischer Abstammung. Allein wegen dieses kleinen privaten Glücks hat sich die Arbeit für die Städtepartnerschaft gelohnt.
Gestern Abend habe ich in meiner kleinen Rede in der Ratssitzung deutlich gemacht, wie wichtig auch heute noch die Städtepartnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez ist – gerade heute.
Klar, dass nicht über 15/20 Jahre eine euphorische Stimmung beibehalten werden kann. In einer Beziehung zweier Menschen, in der Ehe ist das ähnlich. Aus dem Verliebtsein muss eine tiefe Liebesbeziehung wachsen, die Höhen und Tiefen übersteht.
Ich glaube, dieser Wandlungsprozess in der Beziehung unserer beiden Städte ist uns gelungen. Darauf können wir zusammen stolz sein. Wir können guten Mutes in eine gemeinsame Zukunft blicken.
Ein Hoch auf unsere Städtepartnerschaft. Ein Hoch auf unsere gemeinsame Arbeit.
Wiwat nasche partnerstwo miast! Wiwat nascha fs-pulna praca!