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Freundschaftlicher Besuch in Polen

Was man von der Partnerstadt lernen kann


Die Vertreter der Partnerstädte – hier die Bürgermeister und Komiteevorsitzenden – gedachten der Opfer des Massakers auf den Morzewski-Hügeln.

Nottuln.„Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen“, sagte Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes in seiner kleinen Ansprache anlässlich des Besuchs in Nottulns Partnerstadt Chodziez. Eine Gruppe aus Nottuln – neben Bürgermeister Thönnes Städtepartnerschaftsvorsitzender Robert Hülsbusch, Pfarrerin Regine Vogtmann von der evangelischen Friedens-Kirchengemeinde und Pfarrdechant Norbert Caßens von der Pfarrei St. Martin sowie Vertreter der Nottulner Feuerwehr unter der Leitung von Feuerwehrchef Udo Henke – machten sich vor einigen Tagen auf die Reise ins rund 800 Kilometer entfernte Chodziez.
In diesem Jahr hatte die Herbstfahrt nach Chodziez zwei Schwerpunkte: den Austausch zwischen den beiden christlichen Kirchen sowie ein Treffen der beiden Feuerwehren. Zusätzlich gab es ein Programm, an dem alle Nottulner gemeinsam teilnahmen, berichtet die Gemeinde Nottuln in einer Pressemitteilung. Erarbeitet wurde es unter anderem von Beata Roguszka, der Städtepartnerschaftsvorsitzenden auf polnischer Seite, die die Gäste am Morgen des ersten Besuchstages zusammen mit dem stellvertretenden Bürgermeister Piotr Witkowski im Rathaus begrüßte.
Danach stellten die Gastgeber zunächst ihre Stadt in Wort und Bild vor. Dabei erfuhren ihre Gäste, dass die Zahl der Einwohner in Chodziez beständig sinke: Die jungen Leute ziehen ins Umland und die größeren Städte, die Geburtenzahl ist rückläufig und auch Corona hat die Bevölkerungszahl dezimiert. Während Chodziez 2011 noch 19.406 Einwohner hatte, waren es Ende vergangenen Jahres nur noch 16.874. Anschließend hatten die Vertreter von fünf Nichtregierungsorganisationen (NGOs) das Wort. Sie stellten ihre Verbände vor – unter anderem der 1994 gegründete Wirtschaftsclub von Chodziez, dessen erklärtes Ziel es ist, der Bevölkerung ein positives Bild der angeschlossenen Unternehmen zu vermitteln und deren guten Ruf zu stärken.
Erstaunlich hoch ist die Zahl der NGOs, die sich um die Belange von Senioren und Behinderten kümmern. Der Hintergrund: Staatliche Unterstützung gibt es kaum bis gar nicht, heißt es in der Pressemitteilung. Sowohl Senioren als auch Menschen mit Handicap werden meist privat betreut, die Finanzierung der Maßnahmen und Angebote erfolgt häufig über Spenden. Dasselbe Schicksal haben in Polen auch Menschen, denen eine Hüftgelenks-OP bevorsteht oder die sie gerade hinter sich haben. Reha-Plätze sind rar und die Therapie müssen die Patienten selbst zahlen. Aus diesem Grund entstand 2007 der Behinderten-Verband, der anfänglich nur diese Patienten unterstützte und mittlerweile seinen Tätigkeitsbereich ausweitete, um dem schlecht funktionierenden polnischen Gesundheitssystem entgegenzuwirken.
Bürgermeister Jacek Gursz war an den ersten beiden Tagen nicht an der Seite seiner Gäste aus Deutschland – und das hatte einen guten Grund: Als Mitglied im Bundesvorstand der liberalen und EU-freundlichen Partei Platforma Obywatelska (Bürgerplattform) war er in Warschau, um gemeinsam mit Oppositionsführer Donald Tusk das weitere Vorgehen nach den Wahlen zu beraten, bei denen die amtierende Regierungspartei PIS empfindliche Verluste eingefahren hatte. Gursz begleitete die Gäste bei einem Besuch der Morzewski-Hügel, die in der Nähe von Chodziez liegen. Dort wurden am 7. November 1939 insgesamt 40 Männer, die zur Elite von Chodziez und den anliegenden Orten gehörten, von Soldaten der Wehrmacht erschossen. Nur ein Zufall führte dazu, dass das Massaker nicht unentdeckt blieb. Den Toten zur Erinnerung entstand dort ein Gedenkort, den die Nottulner besuchten und dort einen Blumenstrauß mit weißen Lilien niederlegten, heißt es weiter.
Die Besichtigung einer Erdbeerplantage, die bis in den November hinein leckere und zuckersüße Früchte produziert, der Besuch eines Automuseums in Budzyń, ein abendlicher Spaziergang durch die Partnerstadt, eine Wanderung auf den fast 200 Meter hohen Gontyniec durch den herbstlich gefärbten Buchenwald mit anschließendem Biwak rundeten genauso wie eine Heilige Messe den gelungenen Besuch in Nottulns Partnerstadt ab.
Auch Nottulns Komiteevorsitzender Robert Hülsbusch freute sich über den Verlauf des Besuchs: „Es war eine gute Gelegenheit, bestehende Freundschaften zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.“ Es sei ein Treffen unter Freunden gewesen, verbunden mit der großartigen Gastfreundschaft der Polen – das stellten auch rasch die Neulinge fest, die an den regelmäßig stattfindenden Besuchen das erste Mal teilnahmen.
Es waren Tage, die bei den Gästen aus dem Münsterland einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben und den Wunsch, auf jeden Fall wiederzukommen, heißt es abschließend in einer Pressemitteilung.

Westfälische Nachrichten, 04. November 2023

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