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Zittern vor dem Drachen von Krakau

Partnerschaftskomitee hatte eingeladen: Ina Niehaus verzauberte mit polnischen Märchen

Chodziez
Märchenerzählerin Ina Niehaus zog die Zuhörer mit polnischen Märchen in ihren Bann. Fotos: Stefan Volpert

Nottuln - In ein fantastisches Märchenschloss verwandelte sich am Freitagabend die Alte Amtmannei. Und das lag an der wunderbaren „Fee“, die das Komitee für Städtepartnerschaft eingeladen hatte. „Polnische Märchen und ihre Mythen“ standen auf dem Programm und Ina Niehaus, professionelle Märchenerzählerin aus Lüdinghausen, und die Musiker Joanna Breimann und Sven Hoffmann verstanden es, die rund 50 begeisterten Zuhörer zu verzaubern.
„Märchen sind Wegweiser, manchmal Überlebensratgeber“, begrüßte Renata Kaczmarek, stellvertretende Vorsitzende des Komitees, die „Nottulner Märchenliebhaber“. Polnische Märchen seien zum Teil sehr dramatisch. Ihre Themen würden sich jedoch nicht von deutschen Märchen unterscheiden. Es gehe um Liebe und Tod, um Trennung und Neubeginn und um Verlieren und Finden. Renata Kaczmarek: „Ob die Märchen etwas mit unserer Realität zu tun haben? Beurteilen Sie selbst!“

Musiker
Für musikalische Akzente sorgten Joanna Breimann und Sven Hoffmann

Die Antwort darauf gab Ina Niehaus gleich mit dem ersten Märchen aus Polen. In einer Mittsommernacht löst ein armer Junge in einem dunklen Wald eine schwierige Aufgabe. Er findet die seltene Farnblume und pflückt sie. Ab nun ist er ein reicher Mann, darf jedoch, will er den unendlichen Reichtum behalten, niemals mit jemanden sein Geld teilen. Peinlich achtet er auf dieses Gebot. Auch seinen armen Eltern hilft er nicht. Als er dann später erfährt, dass diese starben, weil sie krank geworden waren und kein Geld für die notwendige Medizin hatten, kommt er zur Vernunft: Geld allein für sich zu besitzen, macht nicht glücklich, ganz im Gegenteil: Es bringt Unglück.
Weitere Märchen folgten – aus Krakau, aus Neiße und weiteren Orten in Polen. Und das Publikum schaute wie gebannt auf die Märchenerzählerin, die die Dramatik der Märchen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln transportierte. Sie versetzte sich nicht nur in die Märchenfiguren, sie lebte diese. Jede Gefühlsregung der fantastischen Märchenpersonen spiegelt sich in dem Gesicht der Märchenerzählerin wider. Mal strahlen die Augen vor Glück, mal suchen sie sehnsüchtig einen Punkt am Himmel. Dann ruhen sie wieder, signalisieren Geborgenheit und Liebe.
Als der Drache von Krakau, eine typisch polnische Mythenfigur, auftritt, sprühen die Augen Gift und Galle. Blitze zucken. Der ganze Körper der Märchenfee erzählt mit. Mimik und Gestik ändern sich im Sekundentakt. Die Hände greifen sich an den Kopf, der Fuß stampft auf, Arme und Hände gestikulieren.
Und erst die Stimme! Ganz ruhig beginnt die Erzählung, um im nächsten Moment zu explodieren. Als der Drache von Krakau den nächsten Bürger umbringt, erzittert fast die Alte Amtmannei. Eine Kunstpause folgt. Ruhe. Und ein Neuanfang: „Eines Tages meldete sich ein Schuster, der eine Idee hatte, wie man den Drachen besiegen kann.
“Eingerahmt und immer wieder unterbrochen wurden die Märchenerzählungen durch die Musiker Joanna Breimann, Saxofon, und Sven Hoffmann, Saxofon und Gitarre. Sie erzeugten mit ihren melodisch-rhythmischen Elementen von Klezmer und Jazz, polnischer Pop- und Folkmusik Zeit, Raum und Impulse – geeignet, um in den Märchenbildern weiter zu träumen. Gekonnt der Einsatz der Musik – mal als Pause und Nachklang gelegt, mal unterstrichen die Musiker direkt die Märchenszenen. Spielten Breimann und Hoffmann zum „Kiaktanz“ auf, war es, als bewegten sich Fuchs und Gans direkt in der Alten Amtmannei auf dem Parkett. Bis durch eine List die Gans frei- und dem sicheren Tod entkam. Dem Fuchs entging so eine leckere Mahlzeit.
Für die Gäste des Märchenabends dagegen hatte das Komitee reichlich den Tisch gedeckt: leckeres Fingerfood, Wein, polnisches Bier und natürlich Wodka. Und so ging kurz nach 22 Uhr ein atmosphärisch dichter Abend zu Ende.
Gibt es eine Wiederholung? Bestimmt!

Bildergalerie der Veranstaltung: Mehr.....

Westfälische Nachrichten, 1. Dezember 2014

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