Auf zum gemeinsamen Europa
Ergebnisse der Arbeitsgruppen sollen auch Aufträge für die kommende Arbeit sein
Die Präsentation der Ergebnisse moderierte Peter Buddendick (l.). Krystof Jurka, der seit drei Wochen in Appelhülsen zu Hause ist, übersetzte. Foto: Marita Strothe
Nottuln - „Ich gehe davon aus, Ihr hattet einen spannenden Vormittag“, begrüßte Moderator Peter Buddendick die Gäste in der Alten Amtmannei. Im Rahmen der NRW-Europawoche 2014 hatten diese in vier Arbeitskreisen zum Thema „Gemeinsames Europa – Schritte auf dem Weg zum Ziel“ getagt. An diesen hatten Nottulner sowie die rund 50-köpfige Delegation aus Nottulns polnischer Partnerstadt Chodziez teilgenommen.
Zum ersten Thema berichtete Peter Steil. Eine Gruppe polnischer junger Menschen hatte sich mit den Ergebnissen der „Bürgerbefragung 2012 – Jugend in Europa“, die vor zwei Jahren von Nottulner Gymnasiasten zusammengetragen worden waren, beschäftigt und diese mit eigenen Erfahrungen verglichen. Ein „Traumergebnis“, so Steil, sei dabei auf die Frage, ob sie sich an einer Europawahl beteiligen würden, herausgekommen. „80 Prozent sprachen sich dafür aus“, stellte Steil eine positive Einstellung zur EU fest.
Die Ukraine als Thema eines unfertigen gemeinsamen Europas hatte Jürgen Hilgers-Silberberg als Moderator begleitet. Mit dem Einstiegsreferat von Ralf Wachsmuth. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Dortmund, sei für ihn ein ganz neues Bild von diesem Land entstanden. Hilgers-Silberberg erinnerte daran, dass die Ukraine als Staat erst seit 1991 existiert. In dem „Transformationsland“ gebe es keine eindeutige Nationalität, um sich als gemeinsames Land zu fühlen. Ebenso schwer sei es, eine gemeinsame Volkswirtschaft aufzubauen. „Der Konflikt, über den wir jeden Tag lesen, ist weit von einer Lösung entfernt“, so Hilgers-Silberberg.
Die polnischen Gäste hätten angemerkt, dass eine große Rolle immer noch die Vergangenheit spiele, in der im Zweiten Weltkrieg Ukrainer Gräueltaten an den Polen begangen hätten. Er machte klar, dass Vergangenheit zwar aufgearbeitet, aber auch einmal „weggelegt“ werden müsse, um eine Lösung zu finden.
Mit unschöner deutsch-polnischer Vergangenheit, mit Flucht und Vertreibung in Polen, beschäftigt sich der Film „Das Leben geht weiter“. Beim gemeinsamen Schauen der Filmausschnitte, sagte Josef Lütkecosmann, sei deutlich geworden, wie wenig die Deutschen davon wussten, wie sehr auch die Polen von Flucht und Vertreibung betroffen gewesen waren. Der Film zeigt das Schicksal von zwei Familien 1946, einer deutschen, die aus Schlesien vertrieben wurde, und einer polnischen, die aus Ostpolen auf deren ehemaligen Hof zwangsumgesiedelt wurden. „Der Film hat große Betroffenheit ausgelöst“, so Lütkecosmann zu dem Thema, „das Deutsche und Polen gleichermaßen betrifft“.
Zum Thema „1. September 1939“ erinnerte Robert Hülsbusch an den unrühmlichen Beginn des 2. Weltkrieges vor nunmehr 75 Jahren. „Es war eine sehr schwere Zeit“, habe ihm bei einem der ersten Besuche in Chodziez eine damals 92-jährige alte Dame erzählt. Er berichtete von deren Erinnerungen an den deutschen Überfall auf Polen. „Aber für unsere Jugend ist das Geschichte, sie baut eine Zukunft auf, gemeinsam mit Euch“, habe die alte Dame gesagt.
„Es ist schön, dass wir in einer Zeit leben, in der wir gemeinsam über solche Themen reden können“, fand Moderator Buddendick zum Schluss und informierte, dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppen nun Aufträge für die kommende Arbeit seien.
Von Marita Strothe
Westfälische Nachrichten, 5. Mai 2014