Kleine Ferkel wie dieser Frischling sollen Glück bringen. Aggi Blakert aus Chodziez hat die Städtepartnerschaft Glück beschert. Sie heiratete einen Nottulner. Foto: Peter Buddendick
Wunderbare Menschen - grenzenloses Vertrauen
Vor 20 Jahren: Erinnerungen an den ersten Besuch in Nottuln
Nottuln. Waren Sie nach 20 Jahren bei einem Klassentreffen dabei? Haben Sie sich schon mal gefragt, was Ihre Kinder in 20 Jahren so machen werden? Oder erinnern Sie sich an den Sommer vor 20 Jahren?
Damals, im Sommer vor 20 Jahren, nachdem die Städtepartnerschaft unterzeichnet wurde, gab es in Chodziez eine kleine Gruppe 17- jähriger Jugendlichen, die in der Städtepartnerschaft ein Abenteuer gewittert haben. Sie setzten sich an einem heißen Juni Abend in einen nicht klimatisierten Bus, der 16 Stunden (davon 4 Stunden an der Grenze stand) quer durch Polen nach Deutschland fuhr. Alle waren glücklich, weil sie gerne ein neues Land, eine neue Kultur und ihre Menschen kennenlernen wollten, und ebenso ihre Sprachkenntnisse einsetzen und verbessern wollten, die sie aus eigener Initiative aus Zeitschriften, Büchern und privaten Unterrichtsstunden gelernt haben.
Je näher der Bus Richtung Nottuln kam, desto lauter klopften die Herzen. Wer holt mich gleich ab? Holt mich überhaupt jemand ab? Wie werden wir uns verstehen?
Und da standen sie. Nottulner Familien, die für einige Monate ihr Zuhause geteilt haben und das mit allem, was man unter „Zuhause“ versteht. Sie gaben den Gästen für die Zeit ein Familienleben.
Einige Handwerksbetriebe, eine Gaststätte, eine Tierarztpraxis, eine Blumenbinderei und die Gemeindeverwaltung boten den polnischen Praktikanten die Möglichkeit an, den Arbeitsalltag und die Fachsprache kennenzulernen.
Piotr, Kuba, Justyna, Szymon, Tomek und Agnieszka hatten in kürzester Zeit viele neue Freunde in Nottuln gefunden, mit denen sie ihre Freizeit verbrachten und ein gewöhnliches Dasein eines 17-jährigen während der Sommerferien führten - bis sie wieder nach Chodziez mit einem nicht klimatisierten Bus zurück fuhren. Der Abschied war nach der langen und sehr intensiven Zeit nicht gerade einfach. Danach hatte die Post so viele Briefsendungen aus Polen, wie vor der Wende nie zuvor… Nicht nur Briefe sind seit dem unterwegs. Die Familien besuchen ihre befreundeten Familien in Polen, feiern mit ihnen große und kleine Feste und verbringen einige gemeinsame Stunden an den Chodziezer Seen.
Und die Jugendlichen aus Chodziez? Sie gingen nach den Sommerferien wieder zur Schule, machten ihren Abschluss und… verloren sich aus den Augen.
Nach 20 Jahren trafen sich Justyna und Agnieszka zufällig in Chodziez. Justyna hatte in Nottuln in einer Gaststätte über die Schulter geschaut. Heute ist sie eine erfolgreiche Inhaberin eines 4 Sterne Business Hotels in der Nähe von Chodziez. Woran haben sich beide herzlichst erinnert? Natürlich an die Zeit in Nottuln und an die wunderbaren Menschen, die als stille Wegbegleiter und gute Freunde bis heute noch dabei sind. Und an ein grenzenloses Vertrauen zwischen beiden Völkern.
Sie haben ihre Lebensträume in Polen mit einer Note Nottulner Erfahrungen umgesetzt. Alle bis auf Eine. Sie ist in Nottuln geblieben, wo sie lebt und arbeitet - mit polnischen Akzenten. Und sie kann sich bis heute noch nicht entscheiden ob sie mit „bei uns“ Nottuln oder Chodziez meint.
Ich freue mich über das Treffen nach 20 Jahren und über 20 Jahre unserer Städteparterschaft!
Von Aggi Blakert
Westfälische Nachrichten, 7. Juni 2012