Skiba als Lehrer in der St.-Martinus-Grundschule in Nottuln. Mit viel Freude nahmen Kinder, Jugendliche und Erwachsene an dem vierwöchigen Polnisch-Unterricht teil. Foto: Dieter Klein
Ein "Hansdampf in allen Gassen"
Andrzej Skibinski: Deutschlehrer, Übersetzer und Botschafter
Nottuln - „Hascht du Angscht?“, fragt der kleine Mann – mittlerweile mit grauem Kurzhaarschnitt – verschmitzt seinen Gegenüber aus Nottuln, wer immer das auch ist, und hält ihm ein Gläschen Wodka hin. Der Eingeladene wird natürlich schwach und stößt mit dem Mann aus Polen an: „Nastrowje!“ Und wenn es dann an einem Abend mal mehrere „kleine“ Wodka-Gläschen geworden sind, dann leidet der „Wodkamann“ auch schon mal an „Katzenjammer“.
Seit über 20 Jahren engagiert sich Andrzej Skibinski aus Chodziez für die Partnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez. In Chodziez wie in Nottuln kennen die meisten ihn nur als „Skiba“ – ein Urgestein der Partnerschaft, ein „Hansdampf in allen Gassen“, den auch Menschen, die von der Städtepartnerschaft wenig wissen, kennen.
Keiner aus Chodziez war so oft in Nottuln wie „Skiba“. Niemand hat so viele Kinder und Jugendliche nach Nottuln begleitet wie dieser Deutschlehrer, der ein fantastisches Deutsch spricht, ohne dies allerdings perfektioniert zu haben, der – Gott sei dank – auch weiterhin kleine sprachliche Stilblüten produziert. Wenn „Skiba“ zu offiziellen Anlässen dolmetschen muss, wirkt er freundlich und konzentriert, aber immer auch noch leicht nervös. Dann hat er schon mal „Lumpenfieber.“
Wie oft hat er übersetzt! Und das ist nicht nur im wortwörtlichen Sinne gemeint – sondern auch übertragen: Andrzej übersetzte den Nottulnern oft die polnische Mentalität, erklärte auch in Polen die deutschen Befindlichkeiten, die er wie kein zweiter Pole kennt, und warb dafür um Verständnis. An der Schnittstelle der Beziehungen zwischen Polen und Deutschen in diesem kleinen Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Nottuln und Chodziez steht seit 20 Jahren Andrzej Skibinski.
Noch vor zwei Jahren schlug er ein neues Kapitel in der Partnerschaft auf. Vier Wochen gab er im Rahmen eines europäischen Projektes Sprachunterricht in Nottuln. Nach 18 Jahren wieder ein neues Projekt, nach 18 Jahren ein neues funkelndes Mosaiksteinchen im bunten Bild der lebendigen Partnerschaft zwischen den Menschen aus Nottuln und Chodziez.
In vier Wochen lernte man nicht Polnisch. Aber es war eine Erstbegegnung mit der fremden Sprache. Und noch viel wichtiger vielleicht als dieser Sprachunterricht – es war eine Begegnung mit Andrzej Skibinski.
Zu erleben, mit wie viel Freundlichkeit und Engagement dieser Mann aus Chodziez sich hier einbringt, mit wie viel Wärme, Menschlichkeit und Humor! Diese Art von Begegnung ist die Grundlage für gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen Deutschen und Polen. Die Kaczynskis und Steinbachs dieser Welt kommen und gehen. Solange Menschen wie Andrzej Skibiniski nach Nottuln kommen, werden diese Scharfmacher die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Polen nicht nachhaltig stören.
Im Gegenteil. Solange Menschen wie Andrzej Skibinski als Botschafter zu uns kommen, können wir beruhigt in die Zukunft schauen, brauchen wir keine „Angscht“ zu haben.
Von Robert Hülsbusch
Westfälische Nachrichten, 1. Mai 2012